Diagnose: Ratlose Angst

ratloses Abendland
Quelle: Altpapier

Das Abendland kann gar nicht untergehen. Es ist auf Grund gelaufen.

Auf Grund gelaufen I

Wir sind durch reale oder befürchtete Defizite und Gefahren aneinander gebunden, nicht über Ressourcen und Chancen. Es geht uns um das Abwenden von Verlust und das Management von Mangel. Wir sind pausenlos damit beschäftigt, das noch Schlimmere zu verhindern, auszuschließen, in Bann zu halten.

Wir können die Hoffnung nicht zulassen, dass „anders“ unser Leben und die Welt tatsächlich menschlicher machen könnte. Mit „anders“ verbinden wir „schlimmer“. Unser Argwohn ist maximal geworden.

Auf Grund gelaufen II

Als lebenslang Geprüfte fürchten wir, nicht zu genügen, und nicht genügend zu haben, wovon auch immer. Wir versichern uns pausenlos. Gleichzeitig setzen wir Veränderung mit Verlust gleich.

Wir überkompensieren unsere Ängste mit Bemutterungs- und Versorgungs-Komplexen nach innen. Merkelnarrativ. Der Schutzreflex über die eigene Herde ist das neue, exklusive Ego-Konzept. Der Rest ist Unterhaltung, ist Konsum, ist Repetition und Refrain. Wir brauchen die alten Lieder zur Beruhigung: Alles ist ok. Alles ist beim Alten. Alles wird gut! Wirklich, mein Schatz.

Auf Grund gelaufen III

Der politische Diskurs hat die Funktion des Gute-Nacht-Geschichten-Erzählers übernommen, in denen das Gute gewinnt. Also wir. In den Stories wird das Schwarz-Weiß-Weltbild zementiert. Regierungskoalitionen verharren beieinander wie sich anödende Eltern ihren Kindern zuliebe die Scheidung noch einmal verschieben.

Die gebrochenen Schwüre sind durch unhaltbare Versprechen ersetzt. Journalisten sehen schweigend zu, wie ihre Kollegen abgeführt werden, um anschließend berichten zu können, wie ungeheuerlich das ist, sprich: Wer noch einen Job hat, macht ihn tunlichst.

Politiker und andere „Größen“ weisen pausenlos Schuld von sich und zeigen mit dem Finger in den leeren Raum. Wenn sie wegen sexuellen Missbrauchs zur Rechenschaft gezogen werden, klagen sie weinerlich eine imaginäre Mutter an, die ihnen nicht gefügig war. Täter schützen sich immer selbst. Egal, auf welcher Seite des Tisches sie sitzen.

Währendessen warten Arbeitnehmer, Schüler und Touristen darauf, gefüttert zu werden. Mit Anweisungen, Informationen und Lohn. All Inclusive.

Hoffentlich kommt bald das Christkind.

Autor: Christoph Schmitt, Bildungsdesigner, Coach & Supervisor ZFH

Bildungsaktivist, Bildungsdesigner, Ressourcenklempner, Ethiker, Rituals Expert. Ich unterstütze Menschen und Organisationen beim "Digital Turn" - systemisch & lösungsfokussiert. Ich coache Menschen in ihren Entwicklungsphasen und begleite in einschneidenden Lebensmomenten durch die Gestaltung von Ritualen.

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