Beitragsbild: Dim Hou auf Pixabay
Sämtliche Diskussionen, die derzeit über „Schule der Zukunft“ geführt werden, reden über Varianten des Bestehenden. Sie beabsichtigen im besten Fall, einen unerträglichen Zustand erträglich zu machen – nicht ihn abzulösen. Was wir jedoch angesichts unserer Gegenwart brauchen, ist eine radikale Alternative, die sich von fünf tragenden Säulen traditioneller Schule endgültig verabschiedet hat – hier mein aktuelles Video dazu
Erstens: Kein Unterricht mehr

Wir brauchen keine alternativen Unterrichtskonzepte mehr, also nicht „anderen Unterricht“, sondern Alternativen für Unterricht: Lernen in lebensweltlichen Formationen, Strukturen, Prozessen, die nicht mehr in der Architektur und im Paradigma des Unterrichts und des Unterrichtens gedacht, geplant, vorbereitet, durchgeführt und reflektiert werden. Wir lassen das Konzept Unterricht hinter uns. Ein gelingendes Beispiel dafür im Kontext von „Numeracy“ findest du hier.
Zweitens: Keine Prüfungen und keine Noten mehr

Lernende und sich (weiter-)bildende Menschen brauchen keine neuen und alternativen Formen des Prüfens, Bewertens und Benotens. Die sind erwiesenermaßen nutzlos für die, die bewertet und benotet werden. Deshalb geht es jetzt um Alternativen für das Konzept des Prüfens, des Bewertens und Benotens, mit deren Hilfe lernende Menschen auf sich und ihre Entwicklung achten können und diese Prozesse reflektieren. Vorschläge für Alternativen aus einer Community, die das erfolgreich praktiziert, findest du hier.
Drittens: Keine Fächer mehr
Lernende brauchen keine neuen oder anderen Fächer, um die sich verändernde Welt zu begreifen – auch keine fächerübergreifenden Fächer.
Die Aufteilung der Welt, und damit die von Lernprozessen in Fächer, entspricht nicht mehr den Möglichkeiten, den Anforderungen und den Herausforderungen, wie Menschen heute Welt entdecken und verstehen. Das Denken in Fächern führt in verkürzte Weltbilder und verhindert die Entwicklung eines profunden Blicks für Zusammenhänge, die es zu entdecken gilt, nicht herzustellen, wie Prof. Dr. Wanner beschreibt. Deshalb entwickeln wir keine alternativen Fächer, sondern Alternativen für „Lernen in Fächern“:
Imagine what education would be like if every learning experience began with individuals finding and understanding their purpose or why; if every student was given agency to decide what they wanted to learn, how they wanted to learn it, and were guided by professionals who could mentor and coach them to inspire success.
Quelle
Viertens: Keine Klassen mehr
Wir brauchen keine anderen Zusammensetzungen von Klassen und Jahrgängen. Keine grösseren oder kleineren Klassen, keine homogenen oder buntere, besser gemischte Klassen. Wir brauchen Alternativen für das Denken und Organisieren von Lernen in Klassen und Jahrgängen, damit lernende Menschen Lernpartner*innen jenseits dieser Vorgaben finden, und so ihre Interessen und Potenziale zur Vorgabe ihres Lernens machen (jüngst wurde hier das niederländische „Agora-Konzept“ beschrieben, das eine echte Alternative darstellt).
Fünftens: Schluss mit synchroner Präsenz
Und wir verabschieden uns endlich und endgültig vom Konzept der Synchronizität und der synchronen Präsenz, sei sie digital oder physisch: Alle zur selben Zeit am selben Ort, denselben Stoff auf dieselbe Art. Nichts steht dem Lernen und seinen individuellen Entwicklungspfaden mächtiger im Weg als diese Praxis der Gleichschaltung. Eine Schule, die das seit vielen Jahren radikal alternativ gestaltet, wurde hier untersucht.
Dass wir tatsächlich auf dem Weg eines neuen Paradigma des Lernens sind, erkennen wir daran, dass vor allem dieses Relikt verschwunden ist. Stattdessen sind lernende Menschen ganz selbstverständlich in ihrem eigenen Tempo, in ihren eigenen Rhythmen und mit den Themen unterwegs, die ihnen ganz entsprechen.
Der erste Schritt: Schüler*innen übernehmen die Führung, die Organisation und das Gestalten ihres Lernens:
Mehr Videos von diesem großartigen Bildungsgipfel von Schüler*innen für Schüler*innen findest du hier.