Warum ein Smartphone-Verbot alle gleich benachteiligt

In einem Gymnasium im deutschen Bundesland Hessen wurde einstimmig von allen Beteiligten beschlossen, Smartphones bei Prüfungen zu verbieten. Das ist die falsche Entscheidung. Ein Kommentar.

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Die Strategie: Alle gleich benachteiligen

Dass auch Eltern und Schüler einem Verbot von Smartphones im Kontext von Prüfungen einstimmig zustimmen, ist Kalkül. Es ist kein Zeichen von Demokratie. Demokratie ist, wenn Opposition ist.

Sozialpsychologisch ist ganz gut untersucht, warum Menschen in autoritären Systemen dazu neigen, denen ihre Stimme zu geben bzw. denen zuzustimmen, die an der Macht sind.

So ist es auch besser für Lernende und ihre Eltern, wenn sie dem zustimmen, denn das System entscheidet durch eine absurd hohe Anzahl an Prüfungen und Zeugnissen über die Zukunft dieser jungen Menschen.

Eine Gymnasialkarriere in der Schweiz impliziert zwischen 500 und 600 Prüfungen.

Worin der wahre Betrug besteht

Der Betrug besteht allerdings nicht darin, dass junge Menschen im Kontext von Bildung dort, wo es um das Lösen von Knacknüssen geht, zum Smartphone greifen, sondern dass sie es nicht dürfen.

Wenn schon „Prüfung“ dann doch über den Einsatz dieser Technologie – und zwar durchgehend formativ. Schliesslich geht es bei KI um eine völlig neue, bisher nicht dagewesene Dimension von Wissensarbeit.

Der Betrug besteht darin, dass Schule junge Menschen NICHT auf eine professionelle Nutzung dieser Technologien vorbereitet – und dass sie bis heute im Kontext von so genannten Prüfungen Kollaboration unterbindet.

Kollaboration als Kompetenz bedeutet: Die Fähigkeit reale Probleme zu lösen kommt heute nur auf den Weg durch eine qualifizierte Form der Zusammenarbeit: lösungsfokussiert und technologiezentriert. Kollaboration ist eine Problemlöse-Kompetenz – wie jede andere der 4K auch.

Stattdessen: Klausuren.

Prüfungsalltag: Unter Ausschluss von Kollaboration

Schule spricht bis heute von „Klausuren“, wenn von Prüfungen die Rede ist – abgeleitet vom lateinischen Begriff „clausura“, was „Verschluss“ bedeutet. Bis heute ist Klausur auch der Bereich in einem Kloster, der für die Öffentlichkeit gesperrt ist.

Gymnasium ist ein bizarres Fossil. Getrieben und zugleich blockiert von der Angst vor Macht- und Kontrollverlust.

Seine Existenzberechtigung würde sich umgehend in Luft auflösen, wenn dieser Prüfungsfetisch wegfällt – denn am Ende des Tages geht es am Gymnasium um die Vermittlung, den Aufbau und die Bewältigung von Prüfungsstoff.

Autor: Christoph Schmitt PhD, Bildungsdesigner, Colearner, Coach & Supervisor ZFH

Bildungsaktivist | LinkedIn Top Voice | Colearner | TEDx Speaker | Bildungsdesigner | Bildungsethiker | systemischer Coach & Supervisor | Rituals Expert | Blogger | Nörgler | Ressourcenklempner. Ich unterstütze alles, was mit Aus- und Aufbrechen aus Beschulung zu tun hat. Für Jung UND Alt. Meine Kernkompetenz: Entwicklung ganzheitlich begleiten, moderieren, inspirieren.

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