Anja C. Wagner diskutiert in ihrem Video Blog „Anja Time“ die digitale Spaltung in der Gesellschaft. Sie liefert eine messerscharfe Analyse: In der deutschen Debatten-Kultur ist die Motivation, sich als kritischer, konstruktiver Geist aktiv im Netz einzubringen, nur schwach ausgebildet. Kein Wunder, denn diese Motivation muss erst einmal aufgebaut werden. Weil dies nicht geschieht, weder in Schule und Hochschule, noch in Aus- und Weiterbildung, passiert gerade dadurch sehr viel „Digital Devide“ – also digitale Spaltung zwischen einer sehr großen Zahl von Menschen, die digitale Analphabeten sind und bleiben, und einer sehr kleinen Anzahl, die das Netz für sich zu nutzen wissen.
Warum ist das so und wie gehen wir dagegen an?
Ein entscheidender Grund für diese digitale Spaltung sieht Anja C. Wagner hier: Zu wenig Leute trauen sich „ins Netz“, weil in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit gegen die Möglichkeiten der Sozialen Medien Stimmung gemacht wird. Stichwort: „digitale Demenzdebatte“, so Anja. Schlagzeilen wie „Ein Zuviel an digitalem Engagement ist schädlich“, beherrschten in vielen Varianten den öffentlichen Diskurs – vor allem, so meine eigene Wahrnehmung, im Bildungssystem. Gerade dort ist der reflexartige Vorbehalt gegen die Möglichkeiten des Digitalen Netzes übermächtig.
Für Anja gibt es eine Menge einflussreicher Leute & Institutionen, die diesen kulturpessimistischen Reflex konsequent zu einer Propagandamaschine gegen das Netz aufrüsten. Erstens weil sie davon ganz gut leben, und zweitens weil sie damit auch Gehör finden. Anja spricht hier von „bashing“ gegenüber Sozialen Medien: „Die wollen doch nur an eure Daten, die wollen euch nur ausnehmen“.
Diesen Refrain hält sie für fatal, weil die sozialen Netzwerke einfach nicht mehr wegzudenken seien. Deshalb müssten wir lernen, sie zu bespielen. Wir müssen sie laut Anja nicht gut finden, aber wir müssen lernen, sie zu nützen. Hingegen dominiere derzeit vor allem das Bashing die Diskurse und verhindere eine echte Auseinandersetzung. Im Ergebnis prägen Menschen & Institutionen damit den Diskurs auf eine Weise, dass sich ganz viele Menschen davon abhalten lassen, selber ins Netz zu gehen und netzwerkfähig zu werden, weil sie das Phänomen noch gar nicht einschätzen können, und sich dann sagen: „Dann lass ich das lieber bleiben, wenn alle sagen, dass es nichts ist, denn die müssen sich ja auskennen.“
Für Anja sind das die fatalen Signale, und sie fordert, dass wir unbedingt an diesem gesellschaftlichen Diskurs arbeiten müssen. Dass wir nicht nur die Machtinteressen zum Thema machen, die den Internet-Konzernen und ihren Geschäftsmodellen ritualartig unterstellt werden, sondern dass wir auch die hinterfragen, die ein Interesse daran haben, dass die Mehrheit der Leute digitale Analphabeten bleiben.
In Deutschland, so Anja, sind wir viel zu zurückhaltend, um dieses gigantische Potenzial, das früher nur großen Medienanstalten zur Verfügung stand, für uns zu nutzen. Wir dürfen das nicht länger brach liegen lassen.
Ihr Vorschlag: Menschen befähigen sich selbst & gegenseitig, diese Instrumente und ihre Wirkmechanismen einzusetzen – sie für sich zu nutzen.
Darum geht es in ihrem Video-Blog-Beitrag, den Sie hier abrufen können.