Ein beliebtes Motiv von Katastrophenfilmen in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren Verkehrsflugzeuge, die abzustürzen drohen – etwa weil die Piloten kurzerhand an einer Lebensmittelvergiftung sterben. Was jetzt?
Solche Geschichten spielen einerseits mit dem uralten Mythos des Helden. Irgendjemand an Bord übernimmt nämlich dann das Cockpit und bringt den Flieger zum Landen. Andererseits spielen solche Stories auch mit unserer Angst vor Abhängigkeit – gekoppelt mit Hilf- und Ausweglosigkeit: Wenn du im Flugzeug Platz genommen hast und die Türen geschlossen sind, dann bestimmt bis zu dem Zeitpunkt, wenn sie wieder aufgehen, der Captain über dein Schicksal. Du hast sämtliche Verantwortung abgegeben: Zurück in die Unmündigkeit. Wenn es jetzt heißt: Beide Piloten sind tot, und du oder einer von euch muss die Maschine landen, kommt Panik auf: Das können wir nicht. Jemand muss uns sicher führen!
Digitalisierung heißt: Das alte System wird abstürzen. Also erfinde dich jetzt neu!
Genau an diesem Punkt steht derzeit die Mehrheit von uns im Kontext der Digitalisierung. So erklären sich für mich auch die zahlreichen Angstreaktionen: Das können wir nicht, das funktioniert bei uns nicht. Wir sind dafür nicht gemacht oder ausgebildet. Das stimmt zu 100 Prozent, weil es bisher so war. Nun ist es anders. Wir sind jetzt aufgefordert, uns zu autonomen Selbstlernern (Selbstfliegern) zu entwickeln. Bereits nach den neuen Regeln, obwohl wir oft noch im alten Flugzeug fliegen. Denn der Ernstfall wird eintreten – und zwar für uns alle: Der so genannte „Absturz“ des alten Systems. Gemeint ist damit der vollständige Kulturwandel, der durch die Digitalisierung ausgelöst wurde und vorangetrieben wird.
Wenn ich dieses Bild übersetze, dann bedeutet „Digitalisierung“ für mich ganz persönlich: Ich falle aus der Rolle des Transportierten heraus und finde mich in der Funktion dessen wieder, der sich selbstbestimmt und selbstverantwortlich bewegen lernt. Ich muss selber dafür sorgen, dass ich „vom Fleck komme“. Für diese radikale Veränderung gibt es noch eine andere Metapher. Eine vielleicht sogar positive:
Von der Safari zur Expedition

In einer digitalen Kultur gibt es keine „Touristen“ mehr. Keine Menschen, die dafür (u.a. mit ihren Daten) bezahlen, dass ihnen eine faszinierende, fremde Welt vorgeführt wird: In Schule und Hochschule, in Aus- und Weiterbildung, „im Netz“. Diese innere Haltung, mit der sehr viele derzeit noch unterwegs sind: sich führen lassen und konsumieren, die muss sich konsequent weiterentwickeln zur Haltung des Scouts, des Pathfinders, der Kartographin.
Die „Safari“ als postkolonialistisches Vergnügen, geschützt und geführt durch die herrliche Wildnis zu fahren, weicht also der „Expedition“, auf der jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer für das Ganze und sein Gelingen verantwortlich ist.
Offenbar stellt uns die Digitalisierung vor eine große Herausforderung. Wir müssen radikal umdenken und radikal umlernen – und dann auch institutionelles Lernen völlig neu konzipieren.
Die Digitale Transformation fordert von mir eine Besinnung auf radikale Formen der Selbstorganisation. Anders ist Lernen und Arbeiten, anders ist Leben im Digital Age qualitativ nicht mehr zu haben. Nicht als eine Methode unter anderen, sondern als Handlungsprinzip für Mensch und Organisation.
Zu dieser Herausforderung gibt es hier einen nächsten BlogPost: