Das Jahr der vielen ersten Male. Ein Gastbeitrag

Mein Vetter Bengt Krezdorn ist Familien- und Ehemann, Vater von drei Söhnen, gelernter Kunstschmid, Imker und Naturfotograf und ernährt zusammen mit seiner Frau die Familie. Auch heuer, in dieser aufwühlenden Zeit, hat er auf Facebook seine Jahresendgedanken publiziert und ich freue mich, sie hier in meinem Blog dokumentieren zu dürfen.

Text & Fotos: Bengt Krezdorn

„Die Frage wird sein, wie gehen wir mit den Folgen von Corona um. Und nicht, wann das Ganze zu Ende ist, nicht, wann wir wieder zurückkehren zu 2019. Wir werden nicht zurückkehren – das ist klar, oder?“

Claudia Brözel, Professorin für Tourismuswirtschaft im SPIEGEL

Ein merkwürdiges Jahr geht zu Ende. Für uns alle hat sich einiges verändert, fast nie zum Guten oder sagen wir Besseren. Vielleicht steht der eine oder andere vor den Trümmern seiner Existenz, vor den Scherben seines Lebenstraums. Die allgegenwärtige Corona-Krise trägt dazu bei, bereits vorhandene Probleme und Konflikte zu verschärfen. Ich denke dabei ganz aktuell an den Brexit und die Probleme innerhalb der Europäischen Union oder im Gesundheitswesen. Vor diesem Hintergrund möchte ich euch meine subjektive Sicht auf dieses besondere Jahr schildern.

Viele von euch kennen mich als Pessimisten, als eingefleischten Schwarzseher. Vielleicht ist daher mancher etwas überrascht von einigen meiner Gedankengänge. Ich habe das Geschehen um die Pandemie von Anfang an vor allem als eine Chance wahrgenommen. Frank-Walter Steinmeier sagte in einer Rede zu Beginn des ersten Lockdowns im Frühjahr, dass die Welt eine andere sein werde, wenn das vorüber sei. Das war damals auch mein erster Gedanke und ich dachte noch: da kann was draus werden, wenn wir uns nicht wieder zu dämlich anstellen. Dann wäre dieses Opfer vielleicht nicht umsonst.Ich weiß schon: makaber! Denken jetzt sicher einige. Schließlich ist das die größte Katastrophe seit Menschengedenken, vergleichbar bloß mit den Weltkriegen oder der spanischen Grippe 1918-1920. Ja, tatsächlich! Wir alle haben Vergleichbares nicht erlebt.

Pflöcke im Treibsand

Und das ist auch schon mein erster Punkt. Je älter man wird, desto weniger erste Male kommen einem unter. Irgendwann hört es gefühlt ganz auf. Für mich war dieses Jahr voller erster Male. Das erste Mal Homeoffice, das erste Mal versuchen, drei Kinder daheim zu beschulen, ihnen Teilhabe am online-Unterricht zu ermöglichen. Zum ersten Mal face-time mit meinem Vater, zwei Stunden bevor er gestorben ist. Ich konnte ihn ja nicht mehr besuchen in Kanada. Die erste Weihnachtsfeier per Teams. Zum ersten Mal mit dem Rad zur Arbeit. Und dann immer wieder, den ganzen Sommer lang bis in den Oktober hinein. Zum ersten Mal mit Maske einkaufen gehen und dabei versuchen, den Mindestabstand einzuhalten. Zum ersten Mal in meinem Leben Ausgangssperre. Daheim sein müssen um acht Uhr.

Wenn man etwas zum ersten Mal macht, begegnet einem etwas Neues. Man macht Erfahrungen, die einem bisher unbekannt waren. Man lernt. Klar, das ist für Manchen ganz schön hart. Vieles von dem, was einem in dieser Krise zum ersten Mal begegnet, ist nicht dazu angetan, das Gemüt zu erheitern. Wenn man den Laden jetzt zum zweiten Mal wieder zuschließen muss für weiß der Himmel wie lang, oder wenn man nicht mehr auftreten darf. In der Messe- und Veranstaltungsbranche, im Tourismus ist die Luft grad sehr dünn, da gibt es wenig Spielräume. Das ist mir durchaus bewusst. Denen, die gar nicht über die Runden kommen können, hat der Staat ja Hilfen versprochen, aber weil der Staat halt so ist wie er ist, lässt er sich damit ziemlich viel Zeit. Der Einzelhandel und auch die Gastonomie hatten größtenteils schon im ersten Lockdown Mittel und Wege gefunden, ihre Kunden dennoch zu beliefern. Unser Buchhändler vor Ort hat seine Mitarbeiter die Bestellungen einfach ausfahren lassen und viele andere Geschäfte machen es inzwischen genauso. Fast alle Gaststätten bieten Take-out oder Lieferservice für ihre Gerichte an.

Wir lernen. Wir passen uns an

Das war schon immer so. Das ist unsere Natur, deshalb waren wir auch in den letzten 50.000 Jahren so grausam erfolgreich. In der ZEIT vom 23.12.2020 stand ein kurzer Bericht über einen jungen Schiffbauingenieur. Titel: „Ich sehe mich als Corona-Gewinner“ Was? Ja, der junge Mann war im April mit dem Studium fertig. Aus der zugesagten Stelle wurde nichts. Er musste sich umorientieren und ist auf die private Seenotrettung gekommen. Was als Notnagel begonnen hat, erwies sich als Berufung und inzwischen hat er dort eine Arbeit, die ihn sogar ernährt.

Es bleibt uns momentan wenig übrig, als uns – unser Verhältnis zur Welt – neu zu denken. Ganze Branchen werden möglicherweise verschwinden. Vielleicht müssen sie das auch. Schließlich war auch vor Corona schon klar, dass wir so nicht mehr weitermachen können. Wir fahren den kompletten Planeten auf Verschleiß ,und das wissen wir alle sehr genau, nur hat es unsere Entscheidungen bisher so gut wie nicht beeinflusst. Dank Corona stehen wir aber auf einmal – notgedrungen – auf der Bremse. Wenn die Tourismusindustrie jetzt kaum noch eine Rolle spielt, dann ist das gut für uns alle, denn es schont eine Menge Ressourcen, die wir ohnehin eigentlich gar nicht mehr zur Verfügung haben.

Bullshit-Jobs vs. Grundeinkommen

Ja, ich weiß: die vielen Menschen, die ihre Jobs verlieren. Riesenproblem! Wirklich? Ich bin mir da nicht so sicher, denn ernährt, gekleidet, behaust und gebildet haben wir diese vielen Leute auch vorher schon. Ein bisschen pervers finde ich, dass das direkt an den individuellen Beitrag zum Bruttosozialprodukt gekoppelt zu sein hat. Zumal auch das oft eine Fantasiegröße ist. David Graeber, auch einer von denen, die dieses merkwürdige Jahr so einfach hinweggefegt hat, hat den Begriff der sogenannten Bullshit-Jobs geprägt, also von Arbeit, die eigentlich nichts Sinnvolles hervorbringt, die bloß als Ausrede dafür dient, dem „Arbeitnehmer“ das Geld zu überweisen, dass er zum Leben braucht. Graebers Vorschlag zur Lösung des Problems war, die Bullshit-Jobber freizustellen und ihnen ein bedingungsloses Grundeinkommen zu zahlen.

Eine Überlegung, die mir dabei gerade durch den Kopf geht: das wäre wahrscheinlich auch gut für die Umwelt: Das Pendeln würde wegfallen. Das Heizen und Beleuchten vieler Büros könnte man sich sparen, ebenso die Serverleistung, die der Mitarbeiter belegt hätte. Die Firmen würden immense Personalkosten sparen, weit über die Gehälter hinaus. Eigentlich hätten wir alle was davon.

Zurück zum Tourismus. Momentan kann man fast nirgends hin. Für die Umwelt ist das ein Riesengewinn. Schließlich ist allein der Flugverkehr zeitweise um über 70% eingebrochen. Für manche Weltgegenden ist das aber dramatisch. Wer von den Urlaubern lebt, die Devisen bringen, schaut in die Röhre. Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist die Lage oft sehr bescheiden. Da gibt es auch keine Patentlösung, die sich ad hoc anwenden ließe. Es bräuchte weltweite Solidarität, um andere Möglichkeiten des Auskommens in den Urlaubsgebieten zu schaffen.

Klatschen oder Solidarität?

Und plötzlich bewege ich mich im Konjunktiv und das verdirbt sehr schnell die Laune, denn der Konjunktiv deutet darauf hin, dass die angedachte Lösung wohl nicht funktioniert. Solidarität ist momentan schon innerhalb Europas ein vom Aussterben bedrohtes Konzept, mindestens ein stark gefährdetes. Das geht schon bei der Solidarität mit dem Pflegepersonal los. Mehr als Klatschen vom Balkon ist uns dazu nicht eingefallen. Das ist verdammt mager. Andererseits können wir auch nicht viel mehr tun. Den Rahmen für eine faire Bezahlung unserer Pflegekräfte muss die Politik setzen und darum drückt sie sich seit Jahrzehnten recht erfolgreich. Vielleicht wäre jetzt Zeit für eine Mail an den Bundestagsabgeordneten? Ein bisschen was geht schließlich immer. Viele von uns versuchen ja auch in dem Mass, wie es ihnen möglich ist, andere zu unterstützen, lokal einzukaufen, die Lieferdienste der Gaststätten zu nutzen und vielleicht auch Gutscheine zu erwerben für Dienstleistungen für die Zeit nach dem Lockdown. Microkredite sozusagen. Alles das hilft ein wenig und ich hoffe auch, dass es in unseren Köpfen etwas verändert und unseren Blick schärft für die Dinge die zählen.

Es gibt verdammt viel zu tun für uns und diese Krise hat uns klar gezeigt, wo die Baustellen sind. Wir müssen jetzt anfangen diese Baustellen abzuschließen. Die Krise bietet uns eine einmalige Chance dazu. Wofür ich dieses Jahr dankbar bin, das sind die vielen ersten Male, diese Momente der Erkenntnis und des Lernens, von denen es in diesem außerordentlichen Jahr wirklich eine Menge gegeben hat. Mir hat das gezeigt, wie flexibel und anpassungsfähig wir sein können, wenn wir wach sind und uns auch weiterentwickeln wollen. Ich hatte alles in allem ein tatsächlich für mich persönlich erfülltes und in vielen einzelnen Momenten auch schönes Jahr voller neuer Erkenntnisse über mich selbst und uns als Gemeinschaft.

Es ist schön mit euch, Leute! Macht‘s gut, wir sehen uns nächstes Jahr!

Loslassen ermöglicht den Neuanfang

aktualisiert am 31.12.2020

Die Medien sind voll mit Aufrufen, jetzt endlich umzudenken, Alternativen zu entwickeln, den Neuanfang zu wagen. In der Politik, in der Ökonomie und in der Bildung, beim Einsatz von Technologie, in der Gestaltung von Gesellschaft und Arbeit, in Fragen des Klimas und der Ökologie. Kein Bereich ist ausgeschlossen. „Fünf vor Zwölf“ ist die Maxime. Gleichzeitig machen wir weiter wie bisher. Woher dieser Widerspruch, und wie finden wir aus ihm heraus?

In meiner Arbeit mit trauernden Menschen habe ich gelernt: Trauern macht Loslassen möglich. Nicht die rationale Einsicht. Auch nicht Ratschläge oder Drohungen („Jetzt reiß dich doch zusammen!“).

Das gilt nicht nur im Angesicht des Todes. Ich sehe da einen Zusammenhang mit unserer Situation als Gesellschaft, als menschliche Gemeinschaft. Mit der schier ausweglosen Lage, in die wir uns und den Planeten manövriert haben. Mit der kollektiven Weigerung, das eigene Verhalten zu ändern – und loszulassen.

Wir stehen gerade vor einer Weiche: Setzen wir unsere wuchtigen technischen Möglichkeiten für eine Humanisierung unserer globalen Lebensverhältnisse ein und für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen? Oder treiben wir den Wahn auf die Spitze, bis die Lichter ausgegangen sind?

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Übergänge. Foto: Christoph Schmitt

Anerkennen: Es ist vorbei

Wovon hängt es ab, wie wir uns entscheiden? Von Wissen und Einsicht nicht. Wir wissen, was wir dem Planeten antun und unseren Kindern hinterlassen – und wir machen so weiter. Wir leiden unter Bullshit-Jobs und harren aus. Wir spüren und sehen, wie unsere Kinder unter Schule leiden und lassen es zu. Uns ist klar, dass eine Partnerschaft am Ende ist, und wir bleiben. Wir vermuten, dass insgesamt irgendetwas ziemlich schief läuft – und ziehen unser Ding weiter durch.

„Es braucht halt Zeit“. So die schulterzuckende Reaktion: Menschen verändern sich nicht von heute auf morgen. Organisationen erst recht nicht. Das mag stimmen, kann aber auch eine große Ausrede sein.

Die ökologische und humane Katastrophe vollzieht sich täglich. Wir werden mit Bildern von ihr überschüttet, mit Analysen und mit Forderungen, endlich Lösungen anzukarren. Wir wissen, womit wir aufhören müssen, wir wissen, was wir stattdessen zu tun haben – und fahren fort. Noch einmal: Warum?

Meine Antwort habe ich in den unzähligen Begegnungen mit trauernden Menschen gefunden. Der Moment, in dem sie loslassen, ist es ein Moment der Entkrampfung, ein Zulassen von Schmerz über den Verlust und seine Endgültigkeit.

scherbenhaufen
Scherbenhaufen. Foto: Christoph Schmitt

Einen Bogen um die Trauer machen

Aber wer sollte solche Gefühle wollen? Auch trauernde Menschen machen um diesen Schmerz erst einmal einen Bogen. Auch Menschen, die selbst eine schreckliche Diagnose bekommen, die erfahren, dass ihr Tod unausweichlich ist, wollen das erst einmal nicht wahrhaben. Je mehr ich zu verlieren habe, umso mächtiger bauscht sich die Hoffnung auf, das Festhalten.

Jedoch: Die Kraft und der Wille, mit dem Selbstbetrug aufzuhören und der Realität ins Auge zu sehen, die kommen aus dem Trauern – und zwar um den Verlust: Auch um den Verlust von Menschen, die auf der Flucht ertrunken sind, um verhungernde Menschen im Jemen, um die Opfer von Amokschützen und pseudoreligiösen Fanatiker’innen, um den Verlust von Respekt und Menschlichkeit in unserer eigenen Gesellschaft, um die elenden Lebensbedingungen industriell produzierter Tiere, um die Situation von Arbeitssklav’innen – Ihnen als Leser’in fallen ganz sicher noch mehr solche traurigen Situationen ein.

Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass ein wichtiger Grund für das globale Leid und sein Anwachsen mit der Angst und der Weigerung zu hat, um etwas zu trauern und loszulassen.

Damit fangen wir aber erst an, wenn wir realisiert haben, dass etwas unwiederbringlich vorbei ist und verloren: Eine Schimäre von Wohlstand und Wachstum, an die wir geglaubt haben, wie frühere Generationen an einen Gott. Die Hartnäckigkeit, mit der wir das „Vorbei“ leugnen, hat sehr viel mit der Angst vor dem Verlust zu tun. Ein Verlust, der sich in diesem Moment längst vollzogen hat – den wir aber nicht akzeptieren können.

Jedoch: Wenn mein Verlust real ist, dann ist es auch meine Trauer. Dann sollte ich mich nicht für sie schämen. Ihr Ausdruck zu verleihen, ist die Voraussetzung dafür, damit ich  loslassen kann und abschließen. Je ernster die Lebenslage, um so wichtiger das Loslassen. Je größer der Verlust, umso wichtiger das Trauern darüber – denn das Trauern macht Loslassen möglich – und das den Neuanfang.

rose im müll
rose & rubbish. Foto: Christoph Schmitt

Das Ritual: Wie Trauern und Loslassen möglich werden

Mir hilft ein einfaches Bild, um den Übergang zu verstehen, der sich in der Trauer vollzieht: Wenn ich einen Verlust realisiere, füllt sich mein Rucksack mit Wut, Schmerz, Angst und Resignation, die mich wie schwere Gewichte nach unten ziehen und alles zäh machen und unbeweglich und die Zukunft verdunkeln. Durch mein Trauern verwandelt sich diese Last in eine reale Leichtigkeit. Dazwischen liegt das Loslassen, das seine Zeit braucht – und Solidarität.

Hier kommt das Ritual ins Spiel. Das qualifizierte. Das gemeinschaftliche. Trauern ist kein einsamer Akt. Trauer ergreift immer eine Gruppe von Menschen. Um eineN SterbendeN trauert immer eine Gemeinschaft. Kein Verlust der Welt betrifft nur einen einzelnen Menschen. Deshalb versammeln sich nach Flugzeugabstürzen nie einzelne Hinterbliebene, sondern alle Trauernden. Trauern und Loslassen brauchen eine Gemeinschaft. Das ist kein Zufall sondern ein wesentliches Element des Trauerns – und des Loslassens. Selten sind Solidarität und Schulterschluss so wertvoll, wie in der Trauer.

Die Zeit des Loslassens ist die Zeit des Rituals, der gemeinsam durchlebten Trauer angesichts eines Verlusts. Wir realisieren, dass etwas Wertvolles zu Ende gegangen ist: Eine gemeinsame Zeit, ein Projekt, ein Lebensabschnitt, ein Traum. Diesen Abschied gemeinsam zu vollziehen, ist der erste Schritt in die Zukunft.

Der Nutzen von Ritualen in der Arbeitswelt

Als Coach und Organisationsberater habe ich den Eindruck, dass in Veränderungsprozessen genau hier sehr oft der Knackpunkt liegt: Ein gescheitertes Geschäftsmodell wird mal eben „begraben“, ein abgestürztes Start-up schnell „beerdigt“. Menschen werden mit einem warmen Händedruck entlassen oder outgesourct. Maßnahmen der Organisationsentwicklung werden zwecks Umsetzung mal eben kommuniziert. Kurz und schmerzlos muss es sein.

Warum ist das eher nicht hilfreich? Weil es immer um reale Menschen geht und um deren Zukunft. Um deren Hoffnungen und Ängste. Um die Anstrengung, die es bedeutet, einen neuen Anfang zu machen. Weil Verlust immer mit Trauer einhergeht, die krank macht, wenn sie keinen Ausdruck findet. Weil sich durch diese Hauruck-Verfahren die Zukunft von Menschen verdunkelt.

Wenn es stattdessen gelingt, gemeinsam einen wertschätzenden Akt des Loslassens um das Ende einer Epoche und einer Hoffnung zu vollziehen, dann werden die Betroffenen fähig, einen neuen Anfang zu machen. Ein qualifiziertes Ritual fängt die Emotionen der Trauer(nden) auf. Es ermöglicht das Loslassen und damit einen wirklichen, gemeinsamen Abschluss. Das Ritual erlaubt mir, einen Unterschied zu bilden zwischen dem, was ich loslassen muss und dem, was ich in die Zukunft mitnehmen werde, weil es wertvoll ist und bleibt.

Nicht zuletzt erwächst den Beteiligten aus der Erfahrung, diesen Abschluss und dieses Loslassen gemeinsam geschafft zu haben, eine wertvolle Kraft für den Neuanfang!

Es klingt groß, fängt aber im kleinen an: Wenn es uns gelingt, dort wo wir leben und arbeiten, in kleinen Gruppen und Gemeinschaften zu trauern – nicht nur über den Verlust der eigenen Geschäftsmodelle, Lebensträume und Gewissheiten, sondern ebenso über den Verlust an Leben und Hoffnung „around the world“, dann entwickeln wir ein belastbares Fundament der Solidarität. Wenn wir Rituale des Abschieds und des Loslassens (wieder) in unser Leben und Arbeiten lassen, Rituale die uns erlauben, etwas loszulassen, was uns bereits davon geschwommen ist, dann retten wir damit die Welt. Unsere eigene ebenso wie die unserer Mitmenschen.

Loslassen befreit nicht nur. Es verbindet.

 

Banksy_Girl_and_Heart_Balloon_(2840632113)

Banksy/wikipedia