Ein Jugendlicher, der die Lernzeit der Sekundarstufe I mit uns im Colearning in Bern verbracht und gestaltet hat, ist mittlerweile im Ökosystem des Coworking (YOLU Lehrbetriebsverbund) in eine Ausbildung zum Mediamatiker eingestiegen. Bereits im ersten Jahr der Ausbildung legt er – zusammen mit einem zweiten Teamkollegen – ein beeindruckendes Entwicklungstempo vor. Für beide stellt die Berufsschule ein unlösbares Problem dar, weil sie sie in ihrer beruflichen Entwicklung nicht nur nicht fördert sondern blockiert. Darüber hat einer der beiden jüngst einen Blog Post verfasst. Klar, differenziert, ehrlich. Mit seinem Einverständnis darf ich seinen Beitrag in meinem Netzwerk sichtbar machen. Das zeugt von Mut.
Schule fühlt sich für mich wie ein schlechtes Spiel an. Das Ziel ist, so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erregen, mit minimalem Einsatz durchzukommen, den Humor nicht zu verlieren und mit der Klasse ein bisschen zu rebellieren. Im Unterricht lenken sich die meisten mit Games oder eigenen Projekten ab. Wir bereiten uns auf Tests vor, indem wir Zusammenfassungen mit ChatGPT vor dem Test erstellen und sie kurz anschauen. Nach dem Test vergessen wir das Gelernte so schnell wie möglich.
Das Problem bei diesem System sind nicht die schlecht gestalteten PowerPoint-Präsentationen, die zu kurzen Pausen oder die unbequemen Stühle, es ist die falsche Einstellung zum Lernen.
Ausschnitt aus dem Blog Post
Die über den gesamten Blog Post hinweg geschilderte Problematik bildet bis heute keine Ausnahme. Nicht erst in der Berufsschule. Das treibt mich als Bildungsdesigner schon sehr lange um: Die Vergeudung wertvoller Lern- und Lebenszeit junger Menschen durch Schule, die sich während dieser Zeit auf vielfältige, kreative und hochwirksame Weise selber befähigen könnten.
Genau das machen wir im Ökosystem des Colearning vor, weil sich das Schulsystem bisher konsequent weigert Lösungen einzusetzen für die Probleme, die der sich Ausbildende beschreibt. Lösungen, die bereits zuhauf existieren. In einer grossen Vielfalt!
Welche das (u. a.) sind, zeigt der Beitrag von ChatGPT, den ich damit beauftragt habe:
Prompt
Ein Schüler der Berufsschule für Mediamatik schildert im folgenden Text aus mehreren Perspektiven, warum und wodurch die Berufsschule für ihn problematisch ist. Fasse die zentralen Kritikpunkte auch aus bildungswissenschaftlicher und pädagogischer Perspektive zusammen. Stelle dabei auch klar, wodurch Berufsschule diesen jungen Menschen deshalb gerade nicht auf seinen Beruf vorbereitet und ihn nicht dafür ausrüstet. Formuliere für jeden Kritikpunkt zwei professionelle, lösungsorientierte Alternativen, wie Berufsschule stattdessen heute aussehen müsste, damit sich Auszubildende mit ihrer Hilfe optimal auf den Beruf des Mediamatikers vorbereiten können.
Hier die Antwort von ChatGPT
Die Kritikpunkte des Schülers an der Berufsschule für Mediamatik lassen sich aus bildungswissenschaftlicher und pädagogischer Perspektive in mehrere zentrale Themen unterteilen. Diese Kritikpunkte beleuchten grundlegende Herausforderungen im Bildungssystem, insbesondere in der Berufsausbildung, die sich in einer schnelllebigen, digital geprägten Welt befindet. Im Folgenden werden diese Kritikpunkte zusammengefasst und jeweils zwei professionelle, lösungsorientierte Alternativen vorgeschlagen.
1. Mangelnde Anbindung an die digitale Realität
Kritikpunkt: Die Berufsschule scheint von der digitalen Revolution und ihren Auswirkungen auf die Arbeitswelt abgeschnitten zu sein. Es fehlt an Diskussionen und Auseinandersetzungen mit aktuellen digitalen Trends und Technologien.
Lösungsansätze:
- Integration aktueller digitaler Tools und Plattformen in den Unterricht: Lehrpläne sollten regelmäßig aktualisiert werden, um die neuesten digitalen Tools und Plattformen einzubeziehen. Dies könnte durch Partnerschaften mit Technologieunternehmen und Start-ups gefördert werden, um den Schülern praktische Erfahrungen zu ermöglichen.
- Projektbasiertes Lernen: Schüler sollten durch projektbasiertes Lernen ermutigt werden, eigene digitale Projekte zu entwickeln. Dies fördert nicht nur technische Fähigkeiten, sondern auch Soft Skills wie Teamarbeit, Problemlösung und kreatives Denken.
2. Veraltete Lehrmethoden
Kritikpunkt: Der Unterricht basiert hauptsächlich auf Frontalunterricht, was zu Desinteresse und Passivität bei den Schülern führt.
Lösungsansätze:
- Flipped Classroom-Modell: Bei diesem Ansatz erarbeiten sich die Schüler das Wissen zu Hause durch Videos oder Lesematerial und wenden es dann in der Schule durch praktische Übungen an. Dies fördert ein tieferes Verständnis und ermöglicht eine individuellere Betreuung durch die Lehrkräfte.
- Interaktiver und partizipativer Unterricht: Lehrkräfte sollten Methoden wie Diskussionen, Workshops und Gruppenarbeiten nutzen, um den Unterricht lebendiger und interaktiver zu gestalten. Dies kann das Engagement und das Interesse der Schüler erhöhen.
3. Fehlende Praxisrelevanz
Kritikpunkt: Der Lehrplan und die Unterrichtsinhalte erscheinen oft nicht relevant für die tatsächlichen Anforderungen und Herausforderungen in der Berufswelt der Mediamatik.
Lösungsansätze:
- Curriculum-Entwicklung mit Branchenexperten: Die Einbindung von Experten aus der Mediamatik-Branche in die Entwicklung von Lehrplänen kann sicherstellen, dass der Unterricht die aktuellen Anforderungen des Arbeitsmarktes widerspiegelt.
- Praxisphasen und Unternehmenskooperationen: Regelmäßige Praxisphasen in Unternehmen und Projekte in Kooperation mit der Industrie können den Schülern relevante Einblicke und Erfahrungen bieten.
4. Bewertungssystem und Lernkultur
Kritikpunkt: Die Schule legt einen starken Fokus auf Noten und Bewertungen, was zu einem Lernen für Tests statt für das Leben führt.
Lösungsansätze:
- Kompetenzbasiertes Lernen: Statt auf Noten sollte der Fokus auf den Erwerb von Kompetenzen gelegt werden. Schüler sollten in ihrem eigenen Tempo lernen können, und der Erfolg sollte anhand des Erreichens spezifischer Kompetenzen gemessen werden.
- Portfolioarbeit: Die Bewertung der Schüler könnte durch die Erstellung von Portfolios erfolgen, in denen sie ihre Projekte und Fortschritte dokumentieren. Dies fördert eine Reflexion über den eigenen Lernprozess und die erworbenen Fähigkeiten.
Diese Lösungsansätze erfordern eine grundlegende Neuausrichtung der Bildungspolitik und -praxis. Sie setzen voraus, dass Schulen als Orte des aktiven und selbstbestimmten Lernens verstanden werden, die eng mit der realen Arbeitswelt verzahnt sind. Die Umsetzung dieser Ansätze könnte dazu beitragen, dass Berufsschulen wie die für Mediamatik ihre Schüler besser auf die Herausforderungen und Möglichkeiten der digitalen Zukunft vorbereiten.
Zurück zu den Lernenden
Ein Gedanke von mir noch zum Schluss. Wie so viele junge Menschen sind auch die beiden sich ausbildenden Jugendlichen, von denen der Autor des hier verarbeiteten Blog Posts einer ist, ungaublich helle und wache, interessierte und kluge, aufmerksame und verbindliche, fröhliche und humorvolle Menschen, die sich mit Leichtigkeit und Freude in ihrem Lern- und Arbeitsumfeld engagieren. Wer die beiden mal sehen & hören möchte: Hier kommen sie zu Wort.
