Wie das staatliche Bildungsmonopol Innovation im Schulbereich blockiert. Eine Auflistung

Was mir an der Startup-Idee sehr gefällt: dass sich Menschen zusammentun, um mit einer bestimmte Zielgruppe Lösungen für deren Probleme zu entwickeln. Das macht dich auf einem Markt überlebensfähig, und das ist ja auch das Ziel von Gründungen.

Von daher wäre das Schulsystem eigentlich ein idealer Markt für Gründungen. Das Problem ist einfach, dass Schule staatlich durchreglementiert ist. Du kannst als Gründer:in das, was tatsächlich innovativ ist, gar nicht anbieten, weil das Innovative im Prozess der Akkreditierung wegreguliert wird.

Deshalb kommst du in der Schweiz, wenn du innovative Bildungsarbeit machen möchtest, gar nicht bis an die Menschen heran, deren Probleme du mit deinem innovativen Bildungsangebot gerne lösen möchtest, weil zwischen dir und diesen Menschen immer das öffentliche Bildungssystem und die entsprechenden Behörden stehen.

Auch funktionieren die meisten in der Schweiz verbreiteten Privatschulen nicht wirklich nach innovativen Kriterien. Das können sie auch gar nicht, weil ihnen sonst die Behörden aufs Dach steigen, denn alles, was den in der Schweiz behördlich anerkannten traditionellen Bildungsrahmen verlässt, bekommt keine Betriebserlaubnis.

Echte Innovation: systematisch unterbunden und verhindert

Zwar gibt es in der Schweiz eine Handvoll enorm innovativer Pioniere, die nichts unversucht lassen um unter hoher persönlicher Verausgabung, unter starkem finanziellen Druck und nicht selten nur mit juristischem Beistand, im Schulbereich wirklich innovativ zu sein.

Sie entwickeln Designs, stellen Fachkräfte zusammen, erarbeiten Strukturen und Prozesse, die jungen Menschen zeitgemässe Bildungsarbeit ermöglichen,

  • weil sie die Gesellschaft und Ökonomie abbilden und spiegeln, in der wir leben
  • und zuvor, weil sie sich jenen Erkenntnissen verpflichtet wissen, die wir heute dank bahnbrechender Forschungsarbeit über das Lernen zur Verfügung haben.
  • Sie treten mit Lösungen an für die Probleme von ganz vielen Menschen, nicht nur Kindern und Jugendlichen, denen sie die passenden Lernumgebung zur Verfügung stellen, sondern auch den Erwachsenen, die diese Kinder und Jugendlichen begleiten und deren Eltern.
  • Sie fokussieren erfolgreich darauf, allen, die in diese Lernprozesse involviert und verwickelt sind, die für ein glückliches und gelingendes Leben im 21. Jahrhundert entscheidenden Kompetenzen auszubauen: Selbststeuerung, Selbstorganisation, Selbstbestimmung, Selbstreflexion, Selbstverantwortung, Selbstermächtigung und Eigeninitiative.

So nehmen jene Initiativen unter teilweise erschwerten Bedingungen das unter die Füsse, was staatliche Schulen mehrheitlich vernachlässigen durch die Art und Weise, wie sie arbeiten. Doch die Grenze zur tatsächlichen Innovation bleibt nach wie vor geschlossen und bewacht von Behörden, wodurch das, was innovativ ist, zur illegalen Grenzüberschreitung degradiert wird –

und die Pioniere den eigentlich innovativen Teil ihrer Arbeit nur durchziehen können, indem sie sich pausenlos in juristischen Graubereichen bewegen.

Deshalb bleibt es bei wenigen Gründungsinitiativen, die nicht wirklich in ein sicheres unternehmerisches Fahrwasser kommen, weil ihnen staatlicherseits der Ruf des Verdächtigen anhängt, gerade weil sie innovativ unterwegs sind.

Das ungelöste Problem dahinter

Wie Schule funktioniert, ist abgekoppelt von den konkreten Menschen mit ihren konkreten menschlichen Bedürfnissen und Bedarfen, die sich in diesem System zu bewegen haben. Das betrifft übrigens auch Lehrerinnnen und Lehrer, nicht nur Kinder, Jugendliche und ihre Eltern. Schule blendet auf der funktionalen Ebene die Bedürfnisse und Bedarfe der Menschen, die darin arbeiten und lernen, aus. Es geht ausschliesslich (!) um das Einhalten und Umsetzen von Regulatorien – ob das den betroffenen Menschen nützt und wie, bleibt zufällig.

Und je mehr Schulen mit den Folgen der daraus entstehenden Dysfunktionalität klarkommen müssen – verstärkt z. B. durch Fachkräftemangel, Diversität, Heterogenität, Interkulturalität und absurd anschwellende Diagnoseautomatismen, umso stärker muss alles Nichtlineare (also das meiste, weil Menschen nun einmal nichtlineare Wesen mit nichtlinearen Biografien sind) ausgeblendet werden.

Dabei redet sich das System mit dem Argument heraus, dass heute immer weniger junge Menschen mit dem an sich doch grossartigen Schweizer Schulsystem kompatibel seien, und dass das ja zu einem erhöhten Diagnosebedarf und einem vielfältigen Interventionsfundus auf breiter Front führen müsse.

Die umgekehrte Perspektive, dass das Schulsystem nicht in der Lage ist, mit der (ganz normalen) Nichtlinearität menschlicher Biografien klar zu kommen, bleibt unausgesprochen.

Der grundsätzliche Ansatz, das Design von Schule darf in alldem auf keinen Fall in Frage gestellt werden:

Aus einer Stellenanzeige „Lehrperson STAY IN SCHOOL mit Coach-Funktion“ (Zyklus 1). Für das Schulsystem muss es an den Kindern und ihren Eltern liegen. Es darf nicht an Schule selbst liegen – und am Ende muss alles unternommen werden, damit Kinder sich irgendwie einfügen.

Für die Beteiligten, Betroffenen und Involvierten geht es praktisch nur noch um das Einhalten und Umsetzen von Reglementen, was doppelt fatal ist, weil Schule traditionell ja genau daraus besteht: Einüben, Befolgen, korrektes Abarbeiten und Einhalten von Vorgaben.

Alles Inhaltliche, worum es in der Schule gemäss Sonntagsreden und Leitbildern gehen soll, dient in Wahrheit der Umsetzung dieser regulatorischen Konzepte inkl. der damit verbundenen und dafür benötigten Haltungen wie Gehorsam, Ein- und Unterordnung.

Schule ist ein autoritäres System. Es verhindert mit allem, was es tut und (unter-)lässt, innovative Bildung.

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Autor: Christoph Schmitt

Bildungsaktivist | LinkedIn Top Voice | Colearner | TEDx Speaker | Bildungsdesigner | Bildungsethiker | systemischer Coach & Supervisor | Rituals Expert | Blogger | Nörgler | Ressourcenklempner. Ich unterstütze alles, was mit Aus- und Aufbrechen aus Beschulung zu tun hat. Für Jung UND Alt. Meine Kernkompetenz: Entwicklung ganzheitlich begleiten, moderieren, inspirieren.

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