Glückliche Kinder

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Kinder lächeln nicht in erster Linie, weil sie glücklich sind, sondern weil sie damit andere glücklich machen.

Darum verkauft sich Kinderlächeln so gut, nicht nur als Argument für eine scheinbar kindgerechte Pädagogik.

Auch die unzähligen Clips in den sozialen Medien über die Weihnachtszeit, mit strahlenden Kinderaugen beim Auspacken von Geschenken zeigen mir: Es geht nicht um die Kinder.

Die Schlaumeier sagen dann: glückliche Erwachsene ergeben glückliche Kinder – und verweisen noch kurz auf die Evolution.

Ich sage: eine Kultur, die an dem Punkt angekommen ist, dass sie Kinder (miss-) braucht, um glückliche Erwachsene zu produzieren, hat ihren Zenit weit überschritten.

Vielleicht hat sie ihn auch gar nie erreicht – wenn ich mir ansehe, wie tief wir bis heute in der Belohnungs- und Bestrafungskultur festsitzen.

Wir brauchen keine andere Schule. Wir brauchen etwas anderes.

Nicht nur um glücklich zu sein.

Children do not primarily smile because they are happy, but rather because they make others happy by smiling. That’s why the smile of children sells so well, not only as an argument for an apparently child-friendly pedagogy. Also, the countless clips on social media during the Christmas season, showing children with shining eyes while unwrapping gifts, tells me: It’s not about the children. The smart alecks then say: happy adults result in happy children – and briefly refer to evolution. I say: a culture that has reached the point where it (mis)uses children to produce happy adults has far exceeded its zenith. Perhaps it never reached it at all – when I consider how deeply we are still stuck in the culture of reward and punishment to this day. We don’t need a different school. We need something else. Not just to be happy.

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Autor: Christoph Schmitt

Bildungsaktivist | LinkedIn Top Voice | Colearner | TEDx Speaker | Bildungsdesigner | Bildungsethiker | systemischer Coach & Supervisor | Rituals Expert | Blogger | Nörgler | Ressourcenklempner. Ich unterstütze alles, was mit Aus- und Aufbrechen aus Beschulung zu tun hat. Für Jung UND Alt. Meine Kernkompetenz: Entwicklung ganzheitlich begleiten, moderieren, inspirieren.

2 Kommentare zu „Glückliche Kinder“

  1. Danke für diese anregenden Zeilen, lieber Christoph Schmitt!

    Missbrauch scheint in unserer Kultur gesellschaftsfähig zu sein: Der Missbrauch von Bildern lächelnder – und somit per se “glücklicher“ – Kinder folgt früheren bzw. immer noch gängigen Missbräuchen: dem Missbrauch von Frauen für Werbung aller Art, dem Missbrauch unserer Natur, die wir schamlos ohne Rücksicht auf unsere Nachkommen ausbeuten, dem Missbrauch ethnischer Unterschiede im Rahmen von politischen Kampagnen…

    Die Glücksforschung zeigt, dass persönliches Glück unter anderen von folgenden Faktoren abhängig ist:

    – Gelingende soziale Beziehungen.
    – Gesundheit (körperlich und psychisch)
    – Eine sinnstiftende Tätigkeit (egal ob Hobby, Beruf oder Ehrenamt)
    – Persönliche Freiheit (die Möglichkeit, sein Leben selbst zu gestalten)

    Wenn ich mir die Leistungen der Institution Schule (in welcher ich 40 Jahre lang tätig war…) vergegenwärtige, dann finde ich nur wenig, was in diesen entscheidenden rund zehn Jahren des Kind-Seins zum persönlichen Glück jener jungen Menschen beiträgt, die dem Bildungswesen anvertraut sind. Und es ist in erster Linie die Belohnungs- und Bestrafungskultur (nachfolgend B&B), die dem Glück unserer Kinder schamlos und potent entgegenwirkt.

    – B&B torpediert gelingende soziale Beziehungen und ersetzt solche durch Wettbewerb und Konkurrenz
    – B&B ist zuerst der psychischen und in der Folge auch der körperlichen Gesundheit abträglich
    – B&B stiften im Kontext von Schule nur Wenigen Sinn: vor allem den Angepassten und den mathematisch und sprachlich Begabten – während andere Begabungen kaum Belohnung finden
    – B&B schränken die persönliche Freiheit in einer prägenden Lebensphase drastisch ein.

    Ich gehe mit dir einig, lieber Christoph Schmitt, dass wir etwas anderes brauchen als Schule. Ich denke, dass das Fundament unserer knapp 200-jährigen Bildungstradition nicht stark genug ist, dass wir darauf einfach ein neues Gebäude errichten. Es braucht einen neuen Bauplatz, ein neues Fundament und neue Ideen für die Gestaltung dessen, was schliesslich zum Ort des Glücks werden soll.

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